Von der Frustration bei Erste Hilfe Fortbildungen
Die Arbeit als Erste Hilfe Ausbilder macht mir echt Spaß, auch wenn es manchmal echt frustrierend ist. Es gibt bei der Feuerwehr meistens zwei Themen, die bei Übungsabenden ein überwältigendes Interesse auslösen: UVV (Unfallverhütungsvorschrift) und Erste Hilfe. Ich sitze hier vor einigen geöffneten Büchern und Power Point Präsentationen und versuche meine 30 Minuten Spielzeit effektiv auszufüllen. Es soll ein „grobes“ Update zu „so ein paar“ Erste Hilfe Themen werden. Soll halt nicht zu langweilig und trocken und vor allem nicht zu viel auf einmal sein. Die Kameraden haben ja schließlich alle einen langen Arbeitstag hinter sich, da wäre es im allgemeinen Interesse wenn ich etwas „piano“ mache.
Es hätte noch schlimmer kommen können: Reanimationsfortbildung für Pflegepersonal der Normalstationen oder weitere Berufsgruppen, die im Krankenhaus so arbeiten. Deswegen bin ich mit meinem Arbeitsauftrag zum „Update“ der Feuerwehr’ler doch ganz zufrieden. Eigentlich sind wir eine sehr gute, junge und auch sehr motivierte Truppe, fernab von jedem Dorf- und Saufwehrimage, zu der ich ja auch aktiv dazugehöre und in der ich auch bei vielen Gelegenheiten mitmische. Nur sind manche Themen und manche Charaktere, die man auch in anderen HiOrgs und Verbänden findet sehr „speziell“.
Auf einer beruflichen Weiterbildung , die ich kürzlich besuchte hieß es: „Das Wichtigste bei einer Fortbildung ist eine ‚adressatengerechte Gestaltung‘, also die Teilnehmer da abholen wo sie herkommen.“ Das ist bei einer größeren FFW echt schwer. Ich habe Rettungsassistenten mit mehrjähriger Praxiserfahrung, deren Wissen und Sichtweisen ich sehr schätze. Dann habe ich die frischen Rettungssanitäter, die mit ihrer druckfrischen Urkunde und ohne jede weitergehende Praxiserfahrung so tun, als ob sie das längste Schwert der Notfallmedizin wären. Von genau diesen Kameraden darf ich mir dann Sätze wie „Du hast doch gar keine Ahnung von Notfallmedizin, du hast ja nicht mal ne rettungsdienstliche Ausbildung!“ anhören. Von dieser Gruppe Zuhörer kann ich dann auch die gemeinen, herausfordernden Zwischenfragen erwarten. Dann habe ich noch die interessierten Ersthelfer. Das sind die Leute, die auf dem Grillfest der Jugendgruppe beherzt Pflaster und Coolpacks verteilen, die solide Erste Hilfe leisten wollen – Meine eigentlich liebsten Zuhörer! Und dann gibt’s noch die Kameraden, die das Thema eigentlich gar nicht so wirklich interessiert. Diese Gruppe sieht ja ein, den Erste Hilfe Kurs einmal zu machen, aber an einer Unfallstelle den Verbandkasten und/oder den Notfallrucksack auszupacken…wofür gibt es den Rettungsdienst? Diese Kollegen sind der Meinung, dass sie als gelernte Handwerker am Einsatzort nicht den Notarzt spielen müssten und ja nichts dafür können, dass der Rettungsdienst so lange braucht.
Wenn ich dann aber auf die Privat-PKW genau dieser Kameraden schaue, bin ich erstaunt: Mit Erste Hilfe nichts zu tun haben wollen, aber das Abzeichen in der Windschutzscheibe, und diese Aufkleber: „Überholen sie ruhig, wir schneiden sie raus!“, „Feuerwehrmänner sind die Besten Liebhaber!“, „Wo andere rausrennen, rennen wir rein!“ möglichst auffällig am Heck des PKW. Seriöse Öffentlichkeitsarbeit, die ich als Zugführer versuchen würde zu unterbinden.
Es ist halt diese Mixtur von unterschiedlichen Menschen, Ausbildungen, Erfahrungen und Kenntnisständen die das Ehrenamt ausmachen. Kann man von einem Tischler in der FF verlangen, dass er eine HLW hinbekommt? Kann man von einem Industriemechaniker verlangen, dass er einen Druckverband anlegt? Kann man von einem Informatikstudenten verlangen, dass er einen Patienten an einer Unfallstelle betreut?
Meine eindeutige Antwort ist: Ja, man kann!
Nur bis heute habe ich – trotz Innovationen, hohem Praxisanteil und all den methodischen Finessen – leider noch nicht herausgefunden was der goldene Weg ist um professionellen Helfer einer FFW dazu zu bekommen, dass sie bereit sind sich in Erster Hilfe ausbilden zu lassen und diese dann auch draussen anzuwenden!
News vom Rettungsdienst…
Von der Frustration bei Erste Hilfe Fortbildungen | <b>Rettungsdienst</b> <b>…</b>…
Ganz deiner Meinung. Ein Feuerwehrmann/frau muss eine Laien-HLW durchführen können. Als EH-Ausbilder treffe ich auch immer wieder auf Gruppen von EH-Anwärter, die unterschiedlicher nicht ein können, deren Ausbildung, aber auch die Grundmotivation zu diesem Thema sehr stark variiert. Und trotzdem finde ich auch, klare Sache, dass gerade auch ein Feuerwehrmann/frau das im Slogan stehende „Retten“ ernst nehmen muss.
Was ich allerdings auch weiß ist, dass nicht nur motivierte und engagierte Gruppen, wie hier eine Feuerwehr Motivationsprobleme haben Erste Hilfe zu lernen. Viel mehr treten solche Probleme verstärkt bei LSM-Kursen (Führerscheinanwärter) oder sonstigen (Berufs-) Gruppen auf, die von der Grundmotivation zu helfen so weit entfernt sind, dass es kaum vorstellbar ist davon auszugehen, dass genau diese Leute erwarten Ihnen würde mir ja von einem Ersthelfer geholfen werden, wenn mir was passiert. Das Verantwortungsbewusstsein ist gleich null. Nicht selten sage ich mir nach solch einem Kurs: „Daheim zu bleiben, wäre sinnvoller gewesen“.
Ich selbst habe mal einen EH – Kurs für Eltern einer Jugendgruppe gemacht, vollkommen freiwllige Teilnahme. Auch ein „Fresh-Up“ und hatte plötzlich 4 Eltern da stehen, die nicht an die Rea Puppe wollten, die keine stabile Seitenlage üben wollten, Motorradhelm abnehmen: Nö eigentlich nicht und dass einzige was sie praktisch übten war der Druckverband. (Obwohl die Lernziele weit vorher bekannt waren)
Auf Nachfrage was das Problem sei, kam von den meisten ein Schulterzucken und ein Verweis darauf, dass mit ihrem Notruf alles getan wäre. Böse Stimmen als ich auch sagte, die 8 Stunden hätten sie auch sinnvoller verbringen können^^
Ich bin Informatikstudent und traue mir als Rettungssanitäter mit einigen Jahren Erfahrung die Betreuung von Patienten sehr wohl zu….
Ich wollte hier nicht Industriemechanikern, Informatikstudenten und Handwerkern generelle Unfähigkeit in der Erstversorgung basierend auf ihrem Beruf unterstellen. Ich habe nur Klischees versucht zu bedienen, um sie mal wirklich zu hinterfragen. Im eigentlichen Sinn sind vom Beruf unabhängig die gleichen Grundanforderungen zu stellen – Erste Hilfe eben!
Ich vergesse mit meinem Hintergrund der Anästhesie- und Intensivpflege auch mal gerne die Basics;) Letztens bei einem innerklinschen Notfall (Synkope im Bad) habe ich mit Mühe und Not versucht einem dehydrierten Patienten einen Zugang zu legen, während unser Doc mit anderen Sachen beschäftigt war. Ein Krankenpflegehelfer kam dann an und meinte, mach doch erstmal die Beine hoch. Ich musste echt lachen^^
Gut da muss Ich mich entschuldigen! Habe den Text Anfangs nur überflogen und mich als Informatikstudent gleich mal wieder als inkompatibel für den Umgang mit anderen Menschen, geschweige denn Erste Hilfe und weiterführend den Rettungsdienst gesehen.
Ich muss dir beipflichten, es ist sehr schwierig, vor allem auch junge Menschen in EH Kursen (Bin auch EH Ausbilder) zu etwas Interesse oder einfach auch nur zum „Helfen-Wollen“ zu begeistern. Gerade in den LSM Kursen, da ist das Ziel der knappen 8 Stunden, meine Unterschrift, die Zeit, kann gerne mit dem Handy unterm Tisch in Facebook verbracht werden… (und natürlich fällt es auch nicht auf, wenn 50% der Teilnehmer den Blick gesenkt haben, sei es nun für das Handy oder den Schlaf) (Cupito kann mir da bestimmt zustimmen!)
Ich bin mir sicher, meine geschilderten Probleme sind in der FFW wohl eher Ausnahmen aber unterm Strich haben wir wohl ähnliche Probleme…
Noch ein Beispiel von mir zu Deinem Kommentar.
Auch ich hatte vor Kurzem so einen Fall: Krankentransporteinsatz, Patient vom Krankenhaus ins Seniorenheim zurück. Liegende gemeldet, normal Ansprechbar, soweit ganz fit. Patient mit Tragetuch umgelagert und ans Ziel gefahren. Unterwegs auch nett unterhalten. Am Ziel angekommen wollten wir die Trage samt Patient ausladen, da meinte doch der Patient, er wolle in sein Zimmer laufen. Ich, aus allen Wolken gefallen und musste mir erklären lassen dass er super zu Fuß ist und auch ans Auto hätte laufen können… Da wurde mir wieder bewusst, einfach mal wieder Grundsätzliches zu Fragen… 🙂