Fundstück der Woche: Was tun, wenn’s brennt?
Die Insel und amtsfreie Gemeinde Helgoland liegt in der Deutschen Bucht und gehört zum deutschen Staatsgebiet. Jedoch gehört die rund 40 Kilometer vom Festland entfernte Insel weder zum Zollgebiet der Europäischen Union noch zum deutschen Steuergebiet und stellt schon allein dadurch eine Besonderheit dar. Die etwa 1500 Bewohner leben hauptsächlich vom Tourismus und von einigen duty-free-Shops.
Kraftfahrzeuge und Fahrräder verboten
Doch auch im Bezug auf den Straßenverkehr hat Helgoland einige Besonderheiten zu bieten. Paragraph 50 der Straßenverkehrsordnung (StVO), die sogennante „Sonderregelung für die Insel Helgoland„, besagt nämlich, dass auf der Insel weder Kraftfahrzeuge noch Fahrräder fahren dürfen.
Selbstverständlich sind Fahrzeuge mit Sonderrechten nach §35 StVO (also Rettungsdienst, Feuerwehr, Polizei und Zoll) von dem Verbot ausgenommen.
So weit, so gut. Doch selbstverständlich brauchen diejenigen, die auf Helgoland ein Einsatzfahrzeug fahren sollen, auch einen Führerschein. Und genau da liegt der Knackpunkt…
Alle bisher auf der Insel stationierten Fahrzeuge konnten von den Einsatzkräften mittels des normalen Autoführerscheins, bzw. mit dem „Feuerwehrführerschein“, der in Schleswig-Holstein bis zu 7,5t gilt, bewegt werden.
Neue Drehleiter sorgt für Probleme
Bei der Freiwilligen Feuerwehr Helgoland wurde nun eine neue Drehleiter (DLK 12-9) in Dienst gestellt, die ein Gesamtgewicht von 9 Tonnen hat. Somit ist eine Fahrerlaubnis der Klasse C erforderlich um das Fahrzeug fahren zu dürfen. Und da sind wir bei unserem heutigen Fundstück der Woche angekommen!
Der sogenannte „Inselführerschein“, den die Einsatzkräfte erwerben müssten, erfordert neben der theoretischen Ausbildung auch insgesamt acht praktische Fahrstunden. Hieraus resultieren jedoch vier klitzekleine Problemchen:
- Erstens gibt es auf einer Insel ohne Verkehr logischerweise auch keine Fahrschule, an der die Theorieausbildung für die Einsatzkräfte stattfinden könnte.
- Zweitens ist die neue Drehleiter nicht mit einer fahrschultypischen Doppelbedienung für die praktische Ausbildung ausgerüstet.
- Drittens gibt es auf Helgoland nur knapp 30 Straßen mit einer Gesamtlänge von gerade einmal zwei Kilometern, die von dem Fahrzeug überhaupt befahren werden können.
- Viertens gibt es auf einer autofreien Insel weder Verkehrszeichen noch sonstige Regelungen nach StVO, die der Fahrer erlernen könnte.
Da die Höchstgeschwindigkeit auf Helgoland außerorts 10, innerorts sogar nur 6 Km/h beträgt, kann man sich wohl vorstellen, wie spannend diese Ausbildung werden dürfte. Die insgesamt zehn Einsatzkräfte müssten die Gesamtstrecke von gerade einmal fünf Kilometern also insgesamt 80 Stunden lang im Schritttempo befahren, um den Führerschein zu erlangen 😉
NDR berichtet: „Der reale Irrsinn“
Der NDR hat zu diesem Thema einen kurzen Beitrag ausgestrahlt und diese in Deutschland wohl einzigartigen Führerschein-Problematik unter dem Titel „Der reale Irrsinn“ filmisch dargestellt:
Alte Thematik. Aber scheinbar immer noch nicht gelöst. Schade, unflexible Bürokratie…
Das ist mittlerweile schon verdammt alt! Der Bericht habe ich vor 6 Monaten schon gesehen….
wahrscheinlich haben sie es in den sechs Monaten nicht geschafft die notwendigen Kilometer für die Ausbildung zu machen oder das Fahrzeug hat die Belastung von so vielen Kilometern mit 5 bis 10 km/h nicht ausgehalten 🙂
Man kann das ganze hier schon ins lächerliche ziehen, aber man muss ganz klar sagen, die könnten auch einfach einen Führerschein der Klasse C verlangen, und die Mitglieder sollen sich selbst darum kümmern.
So wurde hier wenigstens eine Kompromisslösung gefunden. Zwar mögen 8Stunden Fahrschulpraxis etwas viel sein, angesichts der Größe der Insel, gemessen am Normalen C Führerschein wie er sonst in der BRD ausgebildet wird, sind sie aber eine Nichtigkeit. Immerhin gelten dort die gleichen Rechte der StVo
Roland Böck: Natürlich hast du damit grundprinzipiell schon Recht. Da die Informationen ohnehin nur sehr spärlich ist, möchte ich da auch gar nicht weiter drauf eingehen. Bezüglich der „gleichen Rechte der StVO“ möchte ich jedoch noch einmal auf den Artikel verweisen. Es handelt sich um eine kraftfahrzeugfreie Insel ohne Ampeln, Verkehrszeichen, rechts vor links Regelungen sowie weiteren Regelungen der StVO. Die Sinnhaftigkeit von acht Fahrstunden im Schritttempo auf einer Insel, auf der die StVO keine, oder zumindest nur extrem eingeschränkt, Anwendung findet ist demnach durchaus fraglich. In wie fern man freiwillige Helfer einer Feuerwehr dazu verpflichten möchte auf eigene Kosten auf dem Festland einen Führerschein der Klasse C zu machen, obwohl sie in ihrem Inselleben niemals einen LKW bewegen werden, müsste man an dieser Stelle auch genau überlegen…
Den Feuerwehrführerschein erweitern auf ca. 12-16 t inkl. einer 4-6 h Praxisausbildung bei einer beliebigen Fahrschule am Festland.